Meine Zeit als Projektleiter: Reto, die eierlegende Wollmilchsau
Wer ein Haus baut, braucht mehr als einen Bauführer – und Projekte mehr als Projektleiter.
Reto als eierlegende Wollmilchsau – so fühlte ich mich manchmal in meiner Zeit als Projektleiter. Über mehrere Jahre war ich nicht nur aktiv in Projekten, sondern durfte Abteilungen fürs Projektmanagement leiten. In all diesen Jahren hat mich eine Story begleitet, die ich gerne erzähle – manchmal mit einem Augenzwinkern, oft mit einem Kopfschütteln.
Die Story geht so: Kunden, Auftraggeber und das Management glauben erstaunlich oft, dass Projektleiter die Lösung für alles sind. Ganz beliebt: «Wir brauchen mehr Projektleiter!» Und zwar nicht nur, wenn’s in Projekten nicht läuft, sondern auch, wenn mehr Projekte dazukommen. Neue Stellenanträge? «Das Management will mehr Projektleiter!»
Aber Moment mal: Bedeutet mehr Projektleiter wirklich mehr Erfolg?
Projektleiter sind keine Alleskönner
Lass mich das mal bildlich erklären: Du willst ein Haus bauen. Der Bauführer ist da – top motiviert, organisiert und erfahren. Aber dann heisst es: «Warum brauchen wir eigentlich einen Architekten? Der Bauführer kann doch auch die Pläne zeichnen.» Und die Heizung? «Ach, der Bauführer hat sicher irgendwo mal was über Wärmeleitungen gehört.» Elektrik? «Notfalls googelt er das, kann ja nicht so schwer sein.»
Klingt absurd, oder? Und doch passiert genau das in der IT ständig. «Holen wir noch einen Projektleiter, dann geht’s schneller!» Aber wer übernimmt dann die Architektur (Solution Designer), das Programmieren (Entwickler), das Testen (Test-Manager) oder die Sicherheit (IT-Security)?
Ein Projektleiter ist wie ein Bauführer: Er koordiniert die Profis, sorgt für Struktur und Kommunikation und hält die Fäden in der Hand. Aber er baut das Haus nicht alleine.
Und dann kommt Agilität ins Spiel
Agil arbeiten – das klingt so schön flexibel. Aber frag mal, was ein Projektleiter in einem agilen Setup macht. Ist er noch Architekt? Scrum Master? Product Owner? Oder steht er da wie ein Dirigent ohne Orchester, während die Musiker alle ihre eigene Partitur spielen?
Agilität heisst nicht, den Projektleiter abzuschaffen. Aber es verändert seine Rolle. Er wird mehr zum Moderator, jemand, der das grosse Ganze im Blick hat. Doch auch hier gilt: Ohne ein starkes Team kann der beste Dirigent nichts bewirken.
Mein Fazit
Mehr Projekte brauchen nicht nur mehr Projektleiter, sondern vor allem die richtigen Spezialisten an den richtigen Stellen. Projektleiter können keine Wunder wirken, wenn die Fachkräfte fehlen. Es braucht eine klare Verteilung der Rollen und Kompetenzen, ob in der klassischen oder agilen Welt.
Also, liebes Management: Ein gutes Projekt steht und fällt nicht mit der Anzahl der Projektleiter – sondern mit der Qualität und Zusammensetzung des gesamten Teams.